Verfahrensrecht: Eheleute mit gemeinsamem Briefkasten
Normalerweise haben Eheleute, die zusammenwohnen, auch einen gemeinsamen Briefkasten. Meistens ist es dann so, dass nicht beide Ehegatten zusammen den Briefkasten öffnen, sondern einer ihn öffnet und dem anderen die an ihn adressierte Post übergibt. Was ist aber, wenn der eine Ehegatte den Briefkasten geöffnet und anschließend vergessen hat, dem anderen Ehegatten wichtige Post zu geben? Muss der andere Ehegatte die Konsequenzen daraus tragen? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) musste dies entscheiden.
Mit Bescheid vom 01.12.2016 forderte die Familienkasse bereits gezahltes Kindergeld zurück, da die Klägerin keinen Nachweis über den Schulabschluss des Kindes vorgelegt hatte. Mit Schreiben vom 25.01.2017 wurde die Rückzahlung des Kindergeldes angefordert. Am 10.02.2017 beantragte die Klägerin bei der Familienkasse eine erneute Prüfung des Falls und fügte den erforderlichen Nachweis (unter anderem eine Kopie des Abiturzeugnisses) bei. Die Familienkasse wies jedoch darauf hin, dass der Einspruch verspätet eingegangen sei. Darauf wandte die Klägerin ein, dass der Bescheid wohl in ihrer Abwesenheit in den Briefkasten geworfen worden sei und ihr Ehemann aus Überlastung versäumt habe, den Bescheid an sie weiterzugeben. Da der Bescheid nicht aufgehoben wurde, erhob sie Klage.
Das FG gab der Klägerin jedoch nicht recht. Der Einspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid wurde zu spät eingelegt. Für die Bekanntgabe kommt es auf den Zugang im Machtbereich des Adressaten und nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme an. Es ist keine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, denn der Klägerin ist eigenes Verschulden am Versäumnis der Frist vorzuwerfen. Die Klägerin hätte immer wieder bei ihrem Ehegatten nachfragen müssen, ob Post für sie eingegangen sei. Jeder Ehegatte müsse sich mindestens einmal wöchentlich vergewissern, dass an ihn adressierte Post nicht versehentlich durch den anderen vergessen oder fälschlicherweise als dessen eigene Post abgelegt worden sei.
Hinweis: Eine Aufhebung des Bescheids ist ausgeschlossen, wenn den Steuerpflichtigen grobes Verschulden trifft. Dies war auch hier der Fall, denn die Steuerpflichtige hatte die ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem und nichtentschuldbarem Maße verletzt.
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(aus: Ausgabe 05/2018)
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